Schwerpunkt: Kapitalismus hacken

Warum wir mehr abonnieren, statt kaufen sollten

Verleih-Services sind populär bei Menschen, die viel haben möchten, nur keine Verantwortung: Millennials wie ich. Hinter dem Trend steckt eine alternative, potenziell umweltschonende Geschäftslogik: „Product as a Service“.

Manchmal frage ich mich, ob ich mein Leben noch unter Kontrolle habe. Und zwar dann, wenn ich überlege, wie viele Abos ich zahle. Neben digitalen Diensten abonniere ich immer mehr Alltagsgegenstände, etwa Homeoffice-Möbel und mein Fahrrad.

„Besitztum erzeugt Kontrolle, und Kontrolle erzeugt Machthierarchien“, schreibt der Meteorologe und Journalist Eric Holthaus in seinem neuen Buch Die Zukunft der Erde. Es heißt weiter: „Alle großen gesellschaftlichen Probleme hängen mit dem Konzept des Besitztums zusammen“, auch die Klimakrise. Wer mehr besitzt, ist für mehr CO2 verantwortlich. Also müssen wir den kollektiven Kaufrausch der letzten Jahrzehnte beenden, auch wenn der Kater schmerzt. Die offensichtliche Lösung lautet: weniger besitzen, mehr wiederverwenden, alles wiederverwerten. Das soll sogar ganz easy sein. Bei Lynk & Co, dem selbst ernannten „Netflix der Autoindustrie“, ist nicht die Rede von Abonnent:innen, sondern von Club-Mitgliedern, die ihr Hybridauto per App weitervermieten können. Damit können sie Geld verdienen, ohne die Verantwortung für das Auto zu tragen. Die US-Möbelvermietung The Everset wirbt mit dem Slogan „Own your life, not your furniture“. Die gleiche Maxime von Cyclon, „Own the run, not the shoe“, kostet monatlich 29,95 Euro und umschließt einen Zero-Waste-Laufschuh aus Castorbohnen. Nach ungefähr 600 Kilometern hat der Schuh sein Lebensende erreicht. Circos vermietet Artikel, die naturgemäß von temporärem Nutzen sind: Baby- und Schwangerenkleidung.

Product as a Service – Konzept der Kreislaufwirtschaft

Das Konzept dahinter nennt sich „Product as a Service“ (PaaS) und verspricht Komfort, Finanzierbarkeit und Nachhaltigkeit, indem es die lineare Logik unserer Betriebswirtschaft aushebelt: Da ein Produkt Eigentum der Hersteller:innen bleibt, haben diese Interesse an einer möglichst langen Lebensdauer des Produkts. Verbraucher:innen kaufen Dienstleistungen nur dann, wenn sie sie benötigen. Das gewährleistet eine intensivere Nutzung aller hergestellten Produkte, wodurch weniger konsumiert wird. Soweit die Theorie. Wirklich nachhaltig kann der Service nur sein, wenn der gesamte Lebenszyklus eines Produkts beim Design mitgedacht und optimiert wird. Unter anderem deswegen vermieten immer mehr Start-ups Artikel, die sie auch selbst produzieren, etwa Gerrard Street, Mud Jeans und Bedzzzy.

Die Kopfhörer von Gerrard Street sind modular – jedes Teil ist austausch- und wiederverwendbar, da nicht mit Klebstoff gearbeitet wird. Die Jeans von Mud werden fair und Ã…

Illustration: Judith Weber

Werden wir unsere Möbel, Elektrogeräte, Fahrräder oder Kleidung in Zukunft mieten statt kaufen? Abo-Services werden immer beliebter – und können deutlich nachhaltiger sein.

Schwerpunkt Kapitalismus

Kapitalismus Hacken

Unser neoliberaler Wachstumskurs produziert Krisen wie am Fließband: Finanzkrisen, Klimakatastrophe, Artensterben. Wann kommt der Systemwandel – oder sind wir schon mittendrin? Wir haben Menschen gefunden, die den Kapitalismus von innen verändern wollen.

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